Geleitwort zum Sommersemester 2022

Liebe Bundesbrüder, liebe Farbengeschwister, liebe Freunde, Familienmitglieder und Interessierte, vor
knapp 3 Jahren war ich auf der Suche nach einer Wohnung in Karlsruhe, um mein Studium zu beginnen.
Damals lud mich mein guter Freund und Senior des VDSt Karlsruhe, Alexandre Makita, ein hier zu leben.
Zuerst war ich unsicher. Das Verbindungsleben hat mich damals nicht begeistert. Ich konnte mich
selbst in solch einer Gemeinschaft nicht vor-stellen. Rechtsradikale, hemmungsloser Alkoholkonsum
sowie eine starre und autoritäre Struktur waren einige Vorurteile, die mir in den Sinn kamen. Aber all
das war weit von der Wahrheit entfernt. Ich finde es faszinierend, wie Vorurteile unser Leben be-
einflussen. Und damit meine ich nicht unbedingt die üblichen Themen wie Rassismus oder ähnliches, sondern eher das allgemeine Konzept des Wortes. In einer dynamischen Welt, die sich immer schneller
entwickelt, sind wir fast gezwungen Entscheidungen so schnell zu treffen, dass wir kaum noch Zeit
zum Nachdenken haben. Aber sind die Dinge wirklich so, wie wir sie uns im ersten Moment vorstellen?
Ist ein bestimmter Politiker genauso gut (oder schlecht) wie er von den Mainstream-Medien dargestel-
ltwird? Verhält sich eine Studentenverbindung mit den Farben Schwarz-Weiß-Rot tatsächlich wie die
Erinnerung, auf die sich die Flagge bezieht?
Schmeckt deutsches Bier besser als brasilianisches Bier? Natürlich schmeckt deutsches Bier besser (man-
che Vorurteile sind schon berechtigt), aber wir werden später auf die anderen Fragen zurückkommen. Doch
zuvor wollen wir uns kurz dem Semesterthema zuwenden.
Bei der Nutzung künstlicher Intelligenz muss man sich immer der Verzerrung von Daten bewusst sein. Ein
solcher Fehler kann dazu führen, dass das gesamte Modell scheitert und man keine brauchbaren Vorhersa-
gen erhält. Aber wenn man damit umgehen kann, dann haben wir ein riesiges Potenzial vor uns.
Wenn sie richtig eingesetzt wird, ermöglicht künstliche Intelligenz eine unvoreingenommene Betrachtung
von Situationen. Ein gutes Beispiel dafür ist der Schachalgorithmus, den ein bekanntes Technologieunter-
nehmen vor einigen Jahren mit Hilfe des maschinellen Lernens entwickelt hat. Der Algorithmus war so ef-
fizient und einzigartig, dass er Strategien entwickelte, die zu dieser Zeit der Schachtheorie noch unbekannt
waren. Heute lernen sogar Schachweltmeister durch die Beobachtung der Züge dieses Algorithmus, besser
zu spielen.
Stellen wir uns nun vor, wie viele Themengebiete wir auf unterschiedliche Weise betrachten könnten. Medi-
zin, Ingenieurwesen, Recht, Wirtschaft, Politik… Wenn wir bestimmte Herausforderungen unvoreingenom-
men betrachten, können wir Lösungen finden, die auf den ersten Blick nicht sehr einladend aussehen, aber
vielleicht genau das sind, wonach wir suchen. Und darin sehe ich den größten potenziellen Beitrag der künst-
lichen Intelligenz für die Gesellschaft.
Nun zurück zum VDSt. Ich selbst hätte nicht erwartet, dass ein Verein mit traditionellen Wurzeln so tolerant
und multikulturell sein würde. Ab und zu hört man Geschichten über andere Verbindungen und nimmt an,
dass es bei allen um das Gleiche geht.


Aber jeder, der hier Mitglied ist oder schon einmal vorbei geschaut hat, weiß, dass dies nicht der Fall ist.
Student beim VDSt Karlsruhe zu sein bedeutet nicht nur neben dem Studium das Couleur-Leben zu er-
leben. Es geht auch um die Gelegenheit, Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund zu treffen und mit
ihnen alles Mögliche zu unternehmen. Von Anfang an sind sie alle meine Bundesbrüder, aber jetzt sind sie
auch meine Freunde, meine Familie.
Die Verantwortung, den VDSt Karlruhe nach Corona wieder auf Vordermann zu bringen, liegt nun bei uns.
Das bedeutet auch, dass wir vor der Herausforderung stehen, den Bund wieder zur Normalität zurückzu-
führen, was für unsere Generation aufgrund unserer mangelnden Erfahrung mit Präsenzveranstaltungen
besonders beschwerlich ist. Aber ich kann euch versichern, dass wir uns auf diese anspruchsvolle Aufga-
be freuen. Gemeinsam mit meinen Conchargen habe ich ein sehr spannendes Semester geplant, mit vie-
len Veranstaltungen, die sowohl Spaß machen als auch kulturell und zur Selbstentfaltung beitragen sollen.
Wer sich zutraut ein Oettinger von einem Augustiner zu unterscheiden, ist bei der Blindbierverkostung will-
kommen, und wer von künstlicher Intelligenz nicht ganz überzeugt ist, kann gerne Gegenargumente in die
Diskussionsrunde einbringen.
Ich möchte mich bei allen Aktiven und Alten Herren bedanken, die mir ihr Vertrauen für dieses Amt ge-
schenkt haben. Ich freue mich auf das, was jetzt auf uns zukommt, und ich hoffe, dass wir viele Bundesbrüder
und liebe Gäste im Haus sehen werden. Es ist eine Ehre den VDSt-Karlsruhe gerade in diesem entscheiden-
den Moment als Senior zu vertreten.
Vivat, Crescat, Floreat VDSt Karlsruhe!

Antonio Cesar Berenguer x

Geleitwort zum Sommersemester 2022