Die Kondratieff-Zyklen – Ein Burschungsvortrag von Tizian Schwind

Nahezu jeder der sich ein wenig mit wirtschaftlichen Themen auseinandersetzt stolpert sehr schnell über den Begriff „Konjunkturphase“. Dabei wird in den Medien nur allzu häufig der Kitchin-Zyklus (3-4 Jahre) oder der Juglar-Zyklus (6-10 Jahre) diskutiert. Wesentlich weniger beachtet ist ein Konjunkturzyklus der zwischen 40 und 60 Jahren dauert: Der Kondratieff-Zyklus.
Dieser wurde vom russischen Ökonomen Nikolai Dimitrijewitsch Kondratieff entdeckt und 1926 in seinem bedeutendsten Werk „Die langen Wellen der Konjunktur“ veröffentlicht.
Im Gegensatz zu den kürzeren Zyklen wird ein Kondratieff-Zyklus nicht durch ein Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage ausgelöst, sondern kommt durch eine Basisinnovation zustande. Durch Innovationen in den Schlüsseltechnologien, die einen weitreichenden Einfluss auf (fast) alle Branchen haben ist dieser strukturell-bedingte Zyklus nahezu nicht durch die Politik zu beeinflussen.

Vergangene Zyklen mit jeweiliger Basisinnovation:

  1.  Zyklus: (1780er – 1840er) Dampfmaschine/mechanische Energie
  2. Zyklus: (1840er – 1890er) Eisenbahn/Massentransport
  3. Zyklus: (1890er – 1940er) Elektrizität und Chemie
  4. Zyklus: (1940er – 1980er) Auto/individuelles Reisen
  5. Zyklus: (1980er – heute) Informationstechnik

Ablauf:
Wie alle Konjunkturzyklen lässt sich auch der Kondratieff-Zyklus in vier Phasen einteilen:

  • Phase 1: Ein Produktionsfaktor ist knapp und teuer, es wird also eine Basisinnovation entwickelt die es erlaubt den Produktionsfaktor billiger bereitzustellen. Daraus resultiert eine massive Produktivitätssteigerung.
  • Phase 2: Getreu dem Ökonomischen Prinzip wird die Basisinnovation überall verwendet wo es rentabel ist. Es werden Arbeitsplätze geschaffen und die Investitionen nehmen stark zu. In dieser Phase sind alle Ressourcen knapp und besonders die Nachfrage nach Arbeitskraft steigt, weshalb die Arbeitnehmer zunehmend in eine bessere Verhandlungsposition geraten und es zu Reallohnsteigerungen kommt (Das allgemeine Wohlstandsniveau steigt).
  • Phase 3: Nun tritt eine Periode der Marktsättigung ein, in der die Produktivität durch die Basisinnovation nicht weiter steigen kann. Als Folge kommt es zwischen den Unternehmen zum Kampf um Absatzmärkte, die Wettbewerber versuchen sich preislich zu unterbieten und flüchten in die Massenproduktion, obwohl die Nachfrage nicht weiter zunimmt.
  • Phase 4: Durch die sinkenden Preise entsteht eine Deflationsspirale, die Unternehmen in den Konkurs treibt und eine steigende Arbeitslosenquote zur Folge hat (Das allgemeine Wohlstandsniveau sinkt).
  • Anmerkung: In der Regel wird in Phase 3 schon deutlich wo erneut ein Produktionsfaktor knapp wird und die Zyklen überlagern sich entsprechend.

Einfluss auf die europäische Geschichte:
Viele Ereignisse in Europa lassen sich auf Ökonomische Ursachen zurückführen: So kommt es beispielsweise nur in Boomphasen des Zyklus zu Kriegen, da man in dieser Zeit um Ressourcen konkurriert (z.B. Napoleonische Kriege). Dazu lässt sich im anschließenden Abschwung immer eine Tendenz zum Protektionismus erkennen, in der es populistischen und radikalen Parteien gelingt Sympathien auf sich zu vereinen (3. Reich in Deutschland). Außerdem zeigen die Zyklen, weshalb heute einige Länder, welche die Basisinnovationen effizienter eingesetzt haben eine stabilere Wirtschaft entwickeln konnten als andere.

Ausblick:
Die Kondratieff-Theorie gibt keine Antwort darauf, ob es in Zukunft weitere Zyklen geben wird. Von einigen Experten wird eine Reform des Gesundheitsystems als neue Basisinnovation betrachtet, andere vermuten sie im Bereich der erneuerbaren Energien wie synthetische Treibstoffe etc. Alle sind sich allerdings einig, dass man, um auch in Zukunft Wettbewerbsfähig bleiben zu können, alles daran setzen muss die neue Basisinnovation möglichst schnell zu erschließen.

Die Kondratieff-Zyklen – Ein Burschungsvortrag von Tizian Schwind