Die Sorben – ein fast vergessenes Volk in Deutschland − Burschungsvortrag von Sebastian Zander

Die Sorben, wenig wird in der Deutschen Öffentlichkeit über dieses kleinste der slawischen Völker gesprochen, das seit alters her auf dem Gebiet der Bundesrepublik lebt. Doch wer sind die Sorben?

Bei Ihnen handelt es sich um ein westslawisches Volk welches heutzutage noch in den Gebieten der Lausitz, also den Ländern Sachsen und Brandenburg, anzutreffen ist.

Geschichte

Die Geschichte der Sorben, in älteren Schriften ist die Bezeichnung „Wenden“ im Deutschen üblich, beginnt im 6. Jahrhundert mit dem Zuzug slawischer Stämme in das Gebiet der heutigen Neuen Bundesländer.  Aufgrund des Erstarkens des (ost-)fränkischen Reiches und der Zerstrittenheit der slawischen Stammesführer gerieten diese in immer größere Abhängigkeit. Etwa um das Jahr 806 setzte mit dem Tod des Königs Milduch die Christianisierung der Sorben ein. In den darauffolgenden Jahren wurden verstärkt Befestigungen und Siedlungen gegründet. Heutige Metropolen wie etwa Dresden und Leipzig sind hierbei zu nennen, ebenso wie die Stadt Bautzen welche noch heute ein Zentrum der Sorben bildet.

Mit der beginnenden Deutschen Ostkolonisation wurden alle slawischen Stämme in den Gebieten unterworfen und in das Reich integriert, was vielerorts zu immer wieder aufflammenden Unruhen führte, welche blutig niedergeschlagen wurden.

Ab dem 11. Jahrhundert verlief die Integration der Sorben weitgehend friedlich, wodurch es zu der Gründung vieler Siedlungen in den sorbischen Gebieten kam. Einige dieser Dörfer entwickelten sich im Laufe der Zeit zu immer Größeren Städten wie etwa Leipzig oder Dresden. Durch den starken Zuzug von holländischen und flämischen Siedlern begannen sich jedoch auch die Gesellschaftsverhältnisse zu Ungunsten der Slawen zu verschieben. Diese Entwicklung setzte sich in den darauffolgenden Jahrhunderten immer weiter fort und erreichte im 13. Jahrhundert seinen Höhepunkt. So wurde in dem, in dieser Zeit verfassten, „Sachsenspiegel“, einer der ersten deutschsprachigen Gesetzesschriften, das Deutsche als Amts- und Handelssprache festgelegt und die wendische Sprache verboten. Des Weiteren wurden Zunftordnungen erlassen welche die Aufnahme der Sorben untersagte, wodurch die Sorben de facto vom Städtischen Bürgertum ausgeschlossen wurden.

Auch in der Folgezeit verbesserte sich die Situation der Sorben kaum. Zwar stellten sie zu Beginn des 16. Jahrhunderts mit etwa 160.000 Bewohnern (die Gesamtbevölkerung betrug etwa 195.000) klar die Bevölkerungsmehrheit in der Lausitz doch war schon damals ihr Siedlungsgebiet auf etwa 16.000km² geschrumpft. Durch den Ausbruch des Dreißig-Jährigen Krieges verschlimmerte sich die Lage abermals da etwa 50-75% der Bevölkerung Hunger, Gewalt oder Krankheit zum Opfer fielen. Zudem wurde die sorbische Gesellschaft durch die von der Evangelischen Kirche vorangetriebenen Germanisierung und der nach dem Krieg neu angesiedelten Deutschen weiter bedrängt.

Die Repressionen wurden besonders im Preußischen Teil der Lausitz immer extremer, da hier die slawischsprechende Bevölkerung, besonders der katholisch geprägte Teil, als ein Fremdkörper wahrgenommen, wurde welcher zu germanisieren sei. Dies führte dazu das viele Sorben im Laufe des 18. Jahrhunderts in das liberalere Königreich Sachsen umsiedelten. Hier entstand zu dieser Zeit ein erstes sorbisches Schrifttum. Die 1706 von dem Großpostwitzer Pfarrer Michał Frencel veröffentlichte Übersetzung des Neuen Testaments bildete hierbei die Grundlage der Obersorbischen Schriftsprache. Auch die Gründung mehrerer Predigerkollege in Leipzig, Prag und Wittenberg trug zur Festigung der sorbischen Sprache bei und so wurde im Jahr 1768 das erste deutsch-sorbische Wörterbuch von Georg Körner, einem Deutschen, veröffentlicht.

Trotz dieser Errungenschaften folgten für die Sorben schwere Zeiten durch den Verlauf der Napoleonischen Kriege viel ein Großteil ihres Siedlungsgebietes an Preußen, wodurch die Sorben wieder unter dessen repressiver Politik zu leiden hatten. Dies gipfelte in dem Verbot der sorbischen Sprache in Schulen in Preußen im Jahr 1875. Doch auch auf Grund des erfahrenen Unrechts begann sich in den folgenden Jahren ein sorbische Nationalgedanke zu entwickeln, zum ersten Mal wurden Rufe nach einem eigenen Staat und einer Unabhängigkeit von den deutschen Fürstentümern laut. Im Juni 1848 wurde diesem Gefühl mit der Entwicklung der sorbischen Fahne (weiß-rot-blau) erstmals Ausdruck verliehen. In der Folgezeit wurde der Separatismus Gedanke jedoch immer mehr verdrängt, führende Köpfe wie etwa Handrij Zejler forderten dagegen ein sorbisches Bürgertum innerhalb eines deutschen Staates. Um ihre Forderungen auch politisch Vorbringen zu können wurden um die Jahrhundertwende mehrere Institutionen wie etwa das Wendische Haus (Serbski dom) in Bautzen oder der Dachverband der Sorben, Domowina, gegründet.

In Folge des Ersten Weltkriegs und der Entstehung der ersten Deutschen Demokratie, wurden den Sorben wie allen anderen Minderheiten erstmals fundamentale Rechte, wie das Recht auf eine eigene Sprache und Kultur, gewährt, welche in die Weimarer Verfassung in Art.113 übernommen wurden. Dies führte zum Aufblühen des sorbischen Kulturlebens, dutzende Heimat- , Kultur- und Sportvereine wurden gegründet. Auch politisch emanzipierten sich die Sorben so erfolgte im Jahr 1920 die Gründung der Wendischen Volkspartei und fünf Jahre später die des Wendischen Volksrates.

Auf diese kurze Blüte folgte jedoch bald eine der schlimmsten Zeiten für die sorbische Bevölkerung überhaupt. Durch die Machtergreifung Adolf Hitlers und seiner Partei wurden die Sorben vor neue Probleme gestellt. Zwar versuchten die Nationalsozialisten zu Beginn noch die Bevölkerung der Lausitz auf ihre Seite zu ziehen, jedoch war dieser Versuch bei den slawischen Sorben erfolglos, da diese nicht für deren Nationalismus und Germanenmysthizismus zu gewinnen waren. Mehr noch führte die Herabwürdigung der angeblich „slawischen Rasse“  zu einer starken Ablehnung des Nationalsozialismus unter den Sorben. Mit der Verfestigung der faschistischen Herrschaft verschlimmerte sich deren Lage erheblich. 1937 wurde abermals ein Sprach- und Kulturverbot gegen erlassen. Durch die massenhafte Umsiedlung und Deportation von Intellektuellen und Geistlichen, ebenso wie durch die Zwangsgermanisierung, wurde das Überleben der Sorben als Volk in seiner Existenz bedroht.

Mit Ende des Krieges flammte, getrieben durch das zum wiederholten Male erlittene Unrecht, erneut ein Nationalgedanke auf. So forderte der in Prag ansässige „Sorbische Nationalausschuss“, die Bildung eines Eigenen Staates, in dem von den Städten Berlin, Dresden und Breslau umrissenen Gebiet. Dies wurde jedoch von der wiedergegründeten Domowina ebenso wie von der Sowjetischen Besatzung abgelehnt. Diese Uneinigkeit führte zu einer Kraftprobe zwischen den beiden sorbischen Organisationen welche darin gipfelte das zwei unterschiedliche Delegationen am Panslawischen Kongress teilnahmen. Durch den Druck der Besatzungsmacht und des starken Zuzugs von Flüchtlingen aus den ehemals Deutschen Gebieten, sorbische Gemeinden hatten innerhalb weniger Wochen plötzlich eine deutsche Bevölkerungsmehrheit, wurde die Dormowina in eine Zusammenarbeit mit dem jungen Ostdeutschen Staat gedrängt, wodurch sie sich als Volksvertretung der Sorben durchsetzen konnte. In den Jahren der deutschen Teilung avancierten die Sorben zu der Vorzeigeminderheit der DDR, mit welcher sich die diese als multikulturell zu schmücken versuchte. Zwar wurden die Sorben offiziell als einzige Minderheit anerkannt und ihnen staatliche Unterstützung zugesichert, zeitgleich jedoch alle Institutionen in das Gefüge des SED-Staats überführt.

Im Zuge der friedlichen Revolution in der DDR setze sich die Domowina stark für die deutsche Wiedervereinigung ein, in deren Verlauf die Sorben als Nationale Minderheit der Bundesrepublik anerkannt wurden. Dies wurde auch in den Landesverfassungen der Länder Sachsen und Brandenburg geregelt, welche der ober-.bzw. niedersorbischen Sprache den Status als gleichberechtigte Nationalsprache einräumen und die Länder zur Förderung der Sorbischen Kultur verpflichten.

Heutzutage existiert in der Lausitz wieder ein aktives sorbisches Leben. Eine Vielzahl an Vereinen, Schulen, Kindergärten und anderen Institutionen setzt sich für die Bewahrung der Traditionen ein. Gerade die traditionellen Feste wie das Osterreiten in der Oberlausitz, oder das bemalen der berühmten farbigen Ostereier erfreuen sich mittlerweile auch touristischer Beliebtheit und ist immer eine Reise wert. Besonders hervorzuheben ist zudem das zum ersten Mal in der Geschichte das Amt eines Ministerpräsidenten mit Stanislaw Tillich von einem Sorben bekleidet wird.

Auch wenn die sorbische Kultur heutzutage aktiv gesichert scheint, so gibt es doch immer noch Herausforderungen die aktiv in Angriff genommen werden müssen. Die demographische Entwicklung stellt auch die Sorben von große Probleme, besonders die Abwanderung der Jungen. Auch der Verlust der Sprache stellt eine Bedrohung da, existieren derzeit nur etwa noch 30.000 Sprecher der beiden sorbischen Sprachen, wobei das Niedersorbische besonders bedroht ist. Weiter bedrohen wieder Nationalismus und Rechtsextremismus das Zusammenleben in der Lausitz.

Sprache

Die Sorbische Sprachfamilie unterteilt sich in zwei Gruppen, das Ober- und Niedersorbische. Diese beiden Gruppen unterteilen sich zudem in diverse Untergruppen und Dialekte, wie etwa das Gebirgssorbisch.

Beide Sprachen werden zu den westslawischen gerechnet und besitzen Verwandtschaft zu den benachbarten Sprachen Polnisch und Tschechisch. Des Weiteren verfügen beide Sprachen über diverse Lehnwörter aus dem Deutschen.

Zu den Unterschieden ist zu sagen das die Sprachen sich in der Länge der Silben, Deklination, Konjunktion, Geniti und einzelnen Wörtern unterscheiden.

Aufgrund der vorher angesprochenen Gründe sind beide Sprachen heutzutage in ihrer Verbreitung stark eingeschränkt. Das Obersorbische darf mit etwa 20.000 Sprechen und Muttersprachlern als die lebendigere Sprache betrachtet werden. Die Niedersorbische Sprache ist dagegen mit nur etwa 10.000 Sprechern stark bedroht.

Die Entwicklung und Erforschung der Sorbischen Sprachen wird aktiv am Institut für Sorbinistik der Universität Leipzig praktiziert.

Fazit

Die Sorben sind wohl eine der Interessanten Minderheiten der Bundesrepublik. Ihre Kultur und Sprache bilden eine aktive Bereicherung für unser Land. Da das Überleben der Sorben auch auf die Unterstützung der Deutschen Mehrheitsbevölkerung angewiesen ist, sei an dieser Stelle allen Lesern ans Herz gelegt sich vielleicht etwas mit ihnen zu beschäftigen und evtl. einmal eine Reise in die Oberlausitz zu unternehmen. Es bleibt zu hoffen das die Sorben auch in Zukunft ihre Sprache und Traditionen weiter frei ausleben können, denn ein Land definiert sich auch über den Umgang mit seinen Minderheiten.

Die Sorben – ein fast vergessenes Volk in Deutschland − Burschungsvortrag von Sebastian Zander